An Tag 4 unseres Lissabon-Aufenthalts war zuerst etwas Kultur angesagt: für's Hieronymus-Kloster mit seinem beeindruckenden Kreuzgang und den Torre de Belém (den wir uns übrigens viel mächtiger vorgestellt haben) haben wir uns richtig viel Zeit genommen. Anschließend – und darauf waren wir ausgesprochen gespannt – marschierten wir zur Pastelaria mit den berühmten Pastéis de Belém, erkennbar an Mengen von fotografierenden Touristen, die vor der Mitnahme-Theke Schlange stehen. Wir haben uns aber durch den daneben liegenden Eingang ins Café begeben. Nachdem zuerst salziges Gebäck verspeist wurde (davon wird ebenfalls eine große Auswahl angeboten), gab's dann die originalen Törtchen, serviert mit Zimt und Puderzucker.
Wie Kathi schon berichtet hat: für uns die besten, die wir während unseres Aufenthalts probiert haben, ein schöner Kontrast von festem, knusprigem Boden mit einer nicht ganz so süßen, cremigen Füllung.

Unter Tour – Visiting the factory- kann man sich auf der Website ein Video von der Herstellung ansehen. Interessant ist die Form des Teiges und das Backen bei sehr hoher Temperatur, was den wunderbar knusprigen Teig und die karamellisierte Oberfläche erklärt. In der ausgesprochen weitläufigen Pastelaria kann man durch große Fenster das Geschehen in der Bäckerei beobachten.
Abends ist der Hunger nicht mehr allzugroß, etwas essen wollen wir aber trotzdem. Bei einem Bummel durch's Chiado fällt die Entscheidung zwischen Aqui há Peixe und dem gegenüber liegenden Clara Chiado spontan auf letzteres.

Platz ist nur für eine Hauptspeise und einen Kaffee, wir sind aber mit dem Essen (ich habe Filetes de linguado à Delicia, Seezunge mit gebackener Banane und wirklich guten Kartoffeln, die anderen gegrillten Pulpo bzw. vegetarische Nudeln mit Gemüse) und dem empfohlenen Wein (Catarina?) sehr zufrieden.
Zum Frühstück geht es am nächsten Tag ins berühmte Café A Brasileira,

dem Stammcafé des portugiesischen Dichters Fernando Pessoa, dem vor dem Lokal ein Denkmal gesetzt wurde.

Kult hin oder her – die Pastéis überzeugen uns nicht: viel zu blaß, viel zu süß.
Heute steht ein Bummel durch verschiedene Läden auf dem Programm, so besuchen wir u.a. den hübschen Laden A vida Portuguesa mit unterschiedlichen Produkten in nostalgischer Aufmachung, darunter auch Seifen, Fischkonserven, Süßigkeiten und Küchengeräte.

Die Preise sind hier eher im oberen Segment angesiedelt.
Wir haben uns auch noch im normalen Haushaltswarengeschäft Pollux gleich bei uns ums Eck umgesehen, dort findet man auf mehreren Ebenen als Mitbringsel Geeignetes, u.a. Keramikschälchen, Formen für Pastéis und anderes Gebäck sowie Cataplanas in verschiedenen Ausführungen.
Ein Besuch in der Conserveira de Lisboa durfte natürlich auch nicht fehlen.

Die Dosen werden von der eleganten Dame links im Bild eigenhändig eingepackt, die Auswahl fällt angesichts des Angebots schwer. Natürlich haben wir einiges mitgenommen und sind auf's Verkosten gespannt. Etwas weiter findet sich ein Geschäft mit Spezialitäten von den Azoren wie z.B. Käse, Fischkonserven, Süßigkeiten, Chilisauce – Espaço Açores.
Ein kleines Mittagessen in La Boulangerie by Stef befriedigt die Lust auf Salat, die ich inzwischen stark verspüre, da geht's mir wie Kathi.

Unserer enthält neben grünem Salat Grillgemüse, Apfel, Mozzarella Schinken und Tapenade.
Für's Abendessen kommt die Idee auf, indische Küche aus der ehemals portugiesischen Kolonie Goa zu probieren. Das Tentações de Goa liegt nicht weit von unserer Wohnung entfernt in einer kleinen Gasse, in die wir sonst sicher nicht gekommen wären. Allerdings ist es mit etwa 30 Sitzplätzen winzig und uns wundert nicht, dass unsere Frage nach einem Tisch für fünf abschlägig beantwortet wird. Kaum ist der letzte zur Türe hinaus, werden wir jedoch zurückgerufen: man hat durch eine kleinere Umgruppierung doch noch Platz für uns geschaffen.

Als Vorspeise lassen wir uns Bhaji Puri empfehlen, kleine frittierte Weizenfladen mit einem würzig-pikanten Kartoffeldipp sowie Paparis (Papadums) mit 3 verschiedenen Achars – alles köstlich. Weiter geht's mit zweimal vegetarischen Gemüse-Kichererbsen-Gerichten (Mix Bhaji, ), Schweine-Vindaloo, Goa-Fisch-Curry sowie Hähnchen-Xacuti für mich. Diese Zubereitungsart sagte mir gar nichts, hat mir aber ganz ausgezeichnet geschmeckt: sehr gewürzig, leicht scharf, das muss ich unbedingt ausprobieren. Ein Rezept habe ich bei Foodina gefunden (wo sonst? ;-)), bei mir war die Sauce allerdings noch deutlich dunkler, siehe das Schälchen unten im Bild. Dazu gibt's Bier (im Angebot ist portugiesisches Superbock – was nichts mit Bockbier zu tun hat – und indisches Kingfisher). Viermal Mango-Eis runden das Essen ab, dafür zahlen wir 80,00 Euro – wow.
Am letzten vollen Tag möchte ich unbedingt noch in die Großmarkthalle, den Mercado da Ribeira in der Nähe des Cais do Sodré.

Obwohl wir gegen die Mittagszeit schon relativ spät dran sind (der Markt schließt um 14 Uhr), war das Angebot noch sehr beeindruckend. An vielen Lokalen haben wir das Schild "Há caracois" gesehen – hier können wir die kleinen Schneckchen gleich sackweise bewundern. Fische und Meeresfrüchte gibt es in Hülle und Fülle, bei Matze habe ich hilfreiche Übersetzungen der mir meist unbekannten Namen gefunden. Aber auch beim Grünzeug findet sich einiges eher Ungewohnte, wie z.B. Stängelkohl (grelos).
Nach einem spontanen Ausflug mit der Standseilbahn Ascensor da Bica und einem Bummel durchs Barrio Alto geht's zurück an den Cais do Sodré, der Wunsch nach relaxten Sitzen am Tejo wird laut.

Besser könnten wir es mit dem Kinda Blue nicht getroffen haben. Erst unter den Sonnensegeln etwas gegen den akuten Hunger tun (Prego, die typische Steaksemmel hier mit Baguette, sehr fein auch das Baguette Rosbife), dazu einen kalten Vinho verde, der so lecker schmeckt, dass wir noch eine zweite Flasche ordern, mit der wir uns in die bequemen Sitzsäcke verziehen. Die Sonne scheint, eine frische Brise weht, das Wasser klatscht gegen die Kaimauern, die Möwen kreischen, jeder träumt und döst vor sich hin – hier wird der Gast absolut in Ruhe gelassen. Der perfekte Nachmittag nach all den vielen Eindrücken!

Abends wollen wir zum Abschluss noch einmal gut essen, deshalb haben wir in der Cantinho do Avillez reserviert, einem der Lokale von José Avillez, der in den Küchen von Adriá und Ducasse gelernt hat. Kathi hat den Abend auf den Punkt gebracht: gutes Essen (wenn man von dem etwas langweilg schmeckenden Blutwurst-Pudding – "Crumble” de morcela da Guarda e maçã mal absieht), aber irgendwie hat man den Eindruck, man wird wirklich wie in einer Kantine abgespeist. Jede Menge Bedienungen schwirren um einen herum, die Gänge folgen Schlag auf Schlag – offensichtlich will man den Tisch nicht nur zweimal, sondern am besten dreimal an einem Abend belegen. Schade.
Pünktlich um 6 Uhr in der Früh stehen am nächsten Morgen unsere Taxis vor der Türe – und sind nach waghalsiger Fahrt um 6.11 Uhr am Flughafen! Eigentlich sollte der Flieger um 9.10 gehen, aber wegen der Streiks an den Vortagen verschiebt sich das nach hinten. So bleibt mehr als genug Zeit, nochmal durch die Einkaufszeilen im Terminal zu schlendern und letzte Einkäufe zu tätigen. Bei Dreams Gourmet gibt's zum allerletzten Mal Pastéis de Nata, gerade frisch angeliefert und besser als einige, die wir in der Stadt gegessen haben.
Pastéis de Belém, Rua de Belém 84-92, 1300-085 Lissabon
Clara Chiado, Largo Rafael Bordalo Pinheiro 27, 1200 Lisboa
A Brasileira, Rua Garrett, 120, 1200 Lisboa
A Vida Portuguesa, R. Anchieta 11 1200 Lisboa
Conserveira de Lisboa, R. dos Bacalhoeiros 34 1100 Lisboa
Espaço Açores – Tradição & Gourmet, Rua de São Julião, 58, 1100-525 Lisboa
La Boulangerie by Stef, Rua da Madalena 57, 1100-318 Lisboa
Tentações de Goa, Rua São Pedro Mártir 23 r/c, 1100-555 Lisboa
Mercado da Ribeira, Avenida 24 de Julho, 1200 Lisboa
Esplanada Kinda Blue, Cais do Gás, Lisbon 1200-109
Cantinho do Avillez, Rua dos Duques de Bragança 7, 1200-162 Lisboa
Dreams Gourmet, Terminal 1, Aeroporto de Lisboa, Lisboa, 1700-007