Bei Tochter Kathi steht ein Ortswechsel an, die Tage im fränkischen Raum sind (leider!) gezählt. Vorher war ein letzter Besuch versprochen und den wollten wir richtig genießen. Deshalb wurde ein lange gehegter Traum wahr: einmal im Essigbrätlein essen gehen.
Das Essigbrätlein (2 Sterne bei Guide Michelin), findet sich in einem historischen Gebäude in der Nürnberger Altstadt. Platz gibt es gerade mal für 20 Personen. Wir hatten Glück und durften an einem sehr gemütlichen Nischentisch Platz nehmen.
Ich hatte im Vorfeld schon einiges über die Küche dort gelesen und war sehr gespannt. Wie wir lernten, hat sich das Essigbrätlein mit seinen Köchen Andree Köthe und Yves Ollech inzwischen weg von der Gewürzküche zu einer Küche der regionalen Aromen bewegt. Ein bisschen zur Philosophie von Köthe erfährt man in diesem Video.
Los ging's mit einer flotten Folge von Grüßen aus der Küche, zu denen ich mir leider nichts notiert habe, wir waren voll auf die Vielfalt von Eindrücken konzentriert, die da auf uns zukam. So verblüffte uns am Anfang ein Löffel mit Sauerampferstielchen und Holunderblüte, da gab's etwas mit Stachelbeeren und mit Quittenblüten.
Glücklicherweise habe ich dann doch irgendwann das Handy hervorgeholt und die weiteren Gänge festgehalten: hier ein Teil der Amuse gueule, warmes gedämpftes Brot mit Blumenkohlcreme und gebeiztem Eigelb
Seeforelle und gelbe Tomate (man beachte, dass sich hier auf demTeller findet, was in vielen Rezepten entfernt wird: das aromatische Innere der Tomate samt Kernen! Zu sehen auch noch Amaranth, kleine Dillblüten und Nachtkerzen – ich war hin und weg von der Kombination)
2013 Sauvignon Blanc, Weingut Neumeister, Südoststeiermark
Broccoli mit Brotcreme (mit eingelegten Wildkirschblüten, die leicht süß und ganz intensiv nach Kirsche schmeckten)
2012 Weisser Burgunder Terrassen, Luckert, Sulzfeld, Franken
Bohnen mit Pistaziencreme (ein toller Mix von grünen Aromen: grüne Bohnen, Portulak, Gurke?, Lauch- und Apfelstreifchen, Erbsen und Erbsensprossen, dazu säuerlich-adstringierende Akzente durch ein paar unreife! Weintrauben)
2011 Macon Verze, Domaine Leflaive, Burgund, Frankreich
Saibling "geräuchert"
2012 Grüner Veltliner GV, Claus Preisinger, Burgenland
Karotten (wunderschön angerichtet in unterschiedlicher Zubereitungsart samt filigran-knusprigem Grün)
2011 Riesling Morstein, GG, Wittmann, Westhofen, Rheinhessen
Taube mit Sellerie
2010 Zinfandel Cuvée, Ridge Vineyards, Cupertino, Kalifornien
Himbeeren mit Reiseis (mit überraschend knusprigem Reis auf Paprikasauce)
2013 Scheurebe, Rödelseer Schwanleite, Auslese, Weltner, Rödelsee, Franken
Nicht mehr auf's Foto gebannt: Schokolade mit frischen Früchten
Unser Fazit: was für ein Aromen-Feuerwerk! Unglaublich, was dort aus eigentlich ganz "einfachen" Produkten des Umlandes gezaubert wird. Wie schade, dass Gemüse hier in der Gastronomie meist nur stiefmütterlich behandelt werden und so gut wie nie die Hauptrolle spielen dürfen. Genauso sensationell war die Weinbegleitung vom sympathischen Sommeliers Ivan Jakir, durch die allerdings gegen Ende nicht mehr die volle Konzentration gewährleistet war 😉
Essigbrätlein
Weinmarkt 3
90403 Nürnberg
www.essigbraetlein.de
Tel. 0911-225131
das sieht alles köstlich aus und so kann ich deine Begeisterung – obwohl ich nicht kosten konnte – sehr gut verstehen!
Sieht alles verdammt lecker aus!
Ich will da auch unbedingt irgendwann mal speisen.
Das ist wieder ein sehr schönes Menü aus dem Essigbrätlein. Die Tomatenherzen haben wir bei unserem ersten Besuch dort auch bekommen, allerdings anders kombiniert. Das finde ich auch immer spannend, wie sie einzelne Elemente immer wieder neu einsetzen. Danke für Deinen interessanten Bericht.
Taube mit Sellerie tät mich sehr interessieren …
Ich hab ja noch solchen Restaurantbesuchen immer das dringende Bedürfnis, etwas davon nachzukochen, geht es dir auch so?
PS: bin neugierig, ob auch dieser Kommentar wieder im Nirvana verschwindet, das machen meine Kommentare hier nämlich sehr gerne ;-))
ja, es ist schade, dass in der “ normalen “
gastro so wenig mit gemüse passiert! da ist mE immer noch zu wenig angekommen vom
wunsch vieler esser, es einfach ein bisschen “ grüner“ auf dem teller haben zu wollen, ohne das ganze gleich zwingend vegetarisch gestalten zu müssen. es ist auch noch viel zu wenig wissen da, was mit gemüse alles möglich wäre. da sind viele private köche am heimischen herd deutlich weiter als grosse teile der gastro! und derartige teller wie hier vorgestellt regen natürlich an, weiter in diese richtung zu gehen und auszuprobieren. wirklich spannend!!! noch eine praktische frage: wie lang im vorraus habt Ihr reserviert?
…..da muss ich auch mal hin. Mir geht es wie meiner Vorrednerin; die Gemüsegänge finde ich einfach toll.
Darf man fragen, was so ein Menü inkl. Weinbegleitung für zwei Personen kostet? Ich überlege, ob ich es mir leisten kann/will zu Weihnachten meinem Mann zu verschenken. Wir sind öfter in Nürnberg, so dass das Essigbraetlein in Frage käme als besondere Lokalität.
Wir waren ja kürzlich auch in Nürnberg, hatten uns aber für Wonka entschieden … ob das falsch war? 😉
Der Bericht folgt!
Tönt alles sehr, sehr lecker und auch die Weine waren bestimmt ein Highlight.
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Es ist wirklich verblüffend, was man aus den „schlichten“ Sachen ehrauskitzeln kann.
Es gehört sicher auch Mut dazu, auf die üblichen Edelprodukte der Sterneküche zu verzichten.
Genau! Langweilig wird diese Küche jedenfalls nicht.
Das Nachkochen dürfte sich hier schon recht schwierig gestalten, da wird mit so vielen Einzelkomponenten gearbeitet. Herr Köthe meinte übrigens, er sei schon morgens um 6 Uhr beim Erzeuger und schaut, was es gibt. Ich muss mir aber doch das Gemüse-Kochbuch von ihnen zulegen (habe nur das aus der SZ-Edition der Köche von 2008)!
Ein absoluter Hochgenuss, ich bin fast ein wenig neidisch. 😉 Wir hatten letztes Jahr das Kochbuch der beiden zu Gast (Gemüse). Darin sind auch sehr schöne Rezepte – damals waren wir kochtechnisch leider noch nicht so weit. Ich werde es wohl wieder einmal ausleihen müssen. 🙂
Reserviert hat Kathi vor etwa 4-5 Wochen, da waren aber noch andere Termine vorher frei – auch den Freitag hätten wir wählen können.
Ich fand es schon ein einmaliges Erlebnis. Für diese „Gemüsegänge“ gibt’s aber auch bei einigen Kritik, wie ich im Netz gelesen habe, die hätten wohl lieber mehr Edelprodukte.
Der Preis lässt einen natürlich schon schlucken – ich habe noch nie so teuer gegessen. Die Guide Michelin-Seite nennt für’s (4 oder 5)-gängige?) Mittagsmenü 60 €, für’s große Abendmenü 129 € – bei uns stand das 7 Gänge-Menü (plus Küchengrüße) mit 142 € auf der Rechnung – auf der Karte selbst stand kein Preis. Das Wasser in beliebiger Menge ist gratis 😉 Bei uns kosteten die Weine zwischen 11 und 17 €, die Weinbegleitung kam damit auf 97 €, so dass man schon mit um die 250 € pro Person rechnen sollte, wenn man das volle Programm wünscht. Ich muss aber sagen, dass wir sonst hier bei uns in der Gegend sehr wenig essen gehen, da ich mich oft über die gebotene Qualität und die lieblosen Speisen ärgere. Da spare ich mir das Geld lieber für so ein Erlebnis auf, von dem ich (zumindest in Gedanken ;-)) noch lange zehre.
Lieber Andy, ich bin gespannt auf deine Erfahrungen!
Du darfst dich glücklich schätzen, solche Bücher ausleihen zu können!
250€ sind ein heidengeld, aber ich finde, man bezahlt ja auch noch den „weg“mit, der notwendig ist, bis ein gericht ausgereift auf dem teller vor einem steht .ausserdem geb ich mein geld lieber irgendwelchen schwammerlnasen, die durchs unterholz kriechen und verschiedenste pilze jagen, gärtnern, die spannendes gemüse anbauen, winzern, die feine weine hinkriegen, statt industriellen nahrungskonzernen oder discountermillionären . und man nimmt ja von solchen restaurantbesuchen mehr mit als nur den wohlgefülltem bauch -ideen, erinnerungen, etc. wenns finanziell irgendwie drin ist , kann ich jedem nur den besuch in wirklich guten restaurants empfehlen-auch auf die gefahr hin, dass einem danach grossteile der „normalen“gastro noch trostloser vorkommen. man kann da wirklich viel mitnehmen, auch und gerade für die eigene küche!
Genau so sehe ich es auch – aber im Endeffekt muss natürlich jeder für sich entscheiden, ob ihm das Erlebnis das „wert“ ist.
Und ich bedanke mich nochmals herzlichst – ein ganz besonderes Erlebnis. Ich find diese besondere Gemüseküche ja schon sehr toll :D.
250 Euro ist wahnwitzig viel für „ein Essen“, aber es klingt ja mehr wie ein kulturelles Erlebnis, das würde ich schon auch gerne mal machen. Dein Handy macht übrigens sehr feine Fotos!
Ich weiß und noch viel glücklicher, dass es so unglaublich nette Bloggerinnen gibt, die mir ein Buch leihen, wenn die Bücherhalle es ausnahmsweise nicht hat!
Und zum Thema Preise. Ich finde den durchaus angemessen. Wir gehen aus den von dir genannten Gründen auch fast nie Essen. So etwas würden wir uns aber durchaus „gönnen“.
Liebe Ilse, kulturelles Erlebnis trifft es schon. Und zur Fotoqualität: das iphone5 macht wirklich schöne Fotos, außerdem hatte ich Glück und saß beleuchtungstechnisch gut 🙂
Vielen Dank für’s virtuelle Mitnehmen, das ist wirklich toll, was da gezaubert wird. – Die große Langeweile in Sachen Gemüse stört mich bei der Gastronomie schon lange – das hier ist natürlich voll das andere Ende des Spektrums.
Ich finde den „Karottenteller“ wahnsinnig spannend! Ich gönns euch von Herzen, so ein Erlebnis trägt man lange in sich 🙂
In so netter Gesellschaft war der Abend gleich doppelt schön!
Klar, das ist schon etwas ganz Besonderes. Aber man kann ja glücklicherweise auch weniger ambitioniert Gemüse ansprechend anbieten 🙂
Du sagst es 🙂